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Die Jugendschutzfrage

Jedes Kind hat das Recht auf eine unversehrte Kindheit. Dies hebt auch die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK), die dieses Jahr ihren 30. Geburtstag feiert, hervor. Doch trotz zahlreicher Fortschritte fehlen immer noch vielen Kindern die nötigen Voraussetzungen für ein gutes Aufwachsen. Unzweifelhaft haben die UN-Kinderrechte dazu beigetragen, dass das Bewusstsein für Kinder- und Jugendschutz und der Berücksichtigung der »best interests of the Child« gestiegen ist, dennoch müssen noch viele Anstrengungen unternommen werden, um die Verwirklichung der normierten Rechte von Kindern zu erreichen, international wie national.

Rechte von Kindern werden häufig nicht berücksichtigt: Noch immer halten es viele Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen und/oder für sie arbeiten, für nicht erforderlich, (Schutz-)Konzepte zur Achtung des Kindeswohls aufzustellen und zu verfolgen. Für Unternehmen oder Einrichtungen die nicht dem Recht der Kinder- und Jugendhilfe unterliegen, weil sie keine Einrichtungen, Leistungen oder Dienste nach dem SGB VIII erbringen, deren Hauptzielgruppe aber Kinder und Jugendliche sind (bspw. Jugendreiseanbieter, Reiterferien, Freizeitparks, Campingplätze, etc.), hat der Gesetzgeber bisher an gar keiner Stelle explizit formuliert, dass sie im Sinne der besten Interessen der Kinder handeln sollten. Auch das aktuelle Schutzniveau für Kinder und Jugendliche bezüglich beeinträchtigender digitaler (Medien-) Inhalte bzw. Kommunikations- und Kontaktrisiken ist – positiv formuliert – mehr als ausbaufähig. Ihre Interessen werden von Behörden, Verwaltung und Wirtschaft häufig übergangen.

Rechtssubjektivität wird übersehen: Dies dürfte vor allem daran liegen, dass Kinder nicht als Träger eigener Rechte gesehen werden. Die Bedeutung der Rechtssubjektivität von Kindern wird (immer noch) verkannt, obwohl bereits 1968 das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich herausgestellt hat, dass auch Kinder Grundrechtsträger sein können. Art. 1 und Art. 2 würden auch für Kinder gelten: »Jedes Kind als Träger eigener Rechte und einer eigenen Menschwürde habe ein eigenes Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit« (BVerfGE 24, 119,144).

Existenz der Kinderrechte muss manifestiert werden: An diesem Rechtsanwendungsdefizit hat die von Deutschland bereits 1992 ratifizierte UN-KRK, die damit den Rang eines Gesetzes hat – was häufig vergessen wird, leider nicht viel geändert. Das widerspricht der Kinderrechtskonvention und konterkariert ihre Intention. Daher sollte die Rechtssubjektstellung von Kindern endlich positiv formuliert ins Grundgesetz aufgenommen werden. Dies würde unterstreichen, dass die Rechte von Kindern kein Annex der Art. 1, 2, 6 GG sind, sondern ausdrücklich Verfassungsrang haben. Diese noch verbindlichere Rahmung würde eine stärkere Anerkennung und Berücksichtigung in Recht und Praxis nach sich ziehen sowie dem besonderen Schutzbedürfnis von Kindern gerecht werden. Denn Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben eigene Schutz-, Förder-, Beteiligungsbedürfnisse und -interessen. Das sollte aus unserer Verfassung – wie die anderen staatlichen Werteentscheidungen – auch ausdrücklich hervorgehen. Durch diese Klarstellung würde auch die Notwendigkeit der Norminterpretation entfallen. Dann müsste nicht erst durch Auslegung ermittelt werden, dass aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG »Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht« ebenso folge, dass »ein Kind in erster Linie nicht Gegenstand elterlicher Rechtsentfaltung, sondern ein eigenständiges Rechtssubjekt sei, an dessen Wohl sich die Eltern zu orientieren haben« (BVerfGE 121, 69 (93)). Darüber hinaus ist die explizite Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz die Gelegenheit, dem umfassenden Verständnis von Kinderrechten nach der UN-KRK, welches neben Schutzprinzipien auch ausdrücklich Förder- und Beteiligungsrechte beinhaltet, Geltung zu verschaffen.
Neben der UN-Kinderrechtskonvention könnte dabei auch ein Blick ins SGB VIII eine gute Orientierung bieten (vgl. §§ 1, 8, 14 SGB VIII). Auf Bundesebene wird aktuell gerade beraten, wie die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden können. Bis Ende 2019 soll eine Bund-Länder Arbeitsgruppe einen konkreten Vorschlag erarbeiten. Hoffentlich mit Erfolg. Die ausdrückliche Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz wäre ein wichtiges Signal. Kinder sind keine Nebendarsteller. Sie haben Rechte.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 4-2019
Britta Schülke, Juristin/Justiziarin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. beantwortet die Frage »Warum gehören die Kinderrechte ins Grundgesetz?«.

Für viele Jugendliche ist es das Abenteuer schlechthin: ein Jahr zum Schüleraustausch ins Ausland! Doch wie sieht es im Rahmen des Schüleraustauschs aus mit Beziehungen und sexuellen Kontakten? Eine durchaus interessante Frage, da einige Austauschorganisationen in ihren Programmregeln Geschlechtsverkehr während des gesamten Aufenthaltes verbieten. Doch ist das rechtens?

Austauschschüler/-innen unterliegen zunächst einmal grundsätzlich dem Gesetz des jeweiligen Gastlandes, wobei die Rechtslage zum Thema »Sexuelle Kontakte unter und mit Minderjährigen« weltweit recht unterschiedlich ausgestaltet ist. Relevant ist das sog. Schutzalter, sprich das Alter, ab dem eine Person im juristischen Sinne über die notwendige Fähigkeit verfügt in sexuelle Handlungen einzuwilligen. Sexuelle Handlungen unterhalb des Schutzalters sind rechtlich verboten.

Das Schutzalter wird allerdings in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich eingestuft. Weltweit liegt die Altersspanne zwischen 12 und 18 Jahren.

Aber haben nun Austauschorganisationen das Recht, in Abweichung von der Rechtslage des Gastlandes, sexuelle Kontakte während des Aufenthaltes im Rahmen ihrer Programmregeln zu verbieten?

Hierzu ist Folgendes zu berücksichtigen: Bei den »Programmregeln« handelt es sich häufig um Bestandteile des Vertrages zwischen der Organisation und den Austauschschüler/-innen bzw. deren Eltern. Die Schüler/-innen verpflichten sich, mit Unterzeichnung des Vertrages, die Programmregeln einzuhalten – hier: für die Zeit des Aufenthaltes auf Geschlechtsverkehr zu verzichten. Bei Missachtung droht die vorzeitige Heimreise.

Nun gewährt Art. 2 GG u.a. Vertragsfreiheit, d.h. das Recht jedes Einzelnen, Verträge zu schließen und sich damit durch sie zu binden. Diese Freiheit stößt jedoch da an ihre Grenzen, wo »ein Vertragspartner ein solches Gewicht hat, dass er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen kann«, wodurch die Bindung an den Vertrag zu einer Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des unterlegenen Partners führt (vgl. z.B. BVerfGE 103, 89/100 f). Hier ließe sich bei der Verpflichtung, während des Schüleraustauschs auf Geschlechtsverkehr zu verzichten, an eine Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung denken.

Um nun einen Rechtsverstoß bejahen zu können, müsste den Austauschorganisationen ein derartiges Gewicht zukommen, dass diese den Vertragsinhalt einseitig bestimmen könnten. Sicherlich sind die Programmregeln nicht verhandelbar, jedoch ist zu berücksichtigen, dass es zahlreiche Organisationen gibt, die Austauschprogramme anbieten und nicht jede dieser Organisationen spricht ein »Sexverbot« aus. Angesichts dieser (Aus-)Wahlfreiheit dürfte ein eklatantes Ungleichgewicht der Vertragspartner zu verneinen sein. Zudem erscheint auch ein möglicher Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung angesichts der begrenzten Zeitspanne des Aufenthalts auch nicht derart unverhältnismäßig zu sein, dass dadurch zwingend ein Rechtsmissbrauch zu bejahen wäre.

Fazit: Als Gast in einem fremden Land gilt zunächst, sich an das dortige Gesetz zu halten! Darüber hinaus steht es einem jeden frei, für welche Organisation und mithin für welche Programmregeln er/sie sich letztlich entscheidet.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 2-2019
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Schüleraustausch und kein Sex? Eine rechtliche Einschätzung einiger Programmregeln«.

Störerhaftung? Oder doch keine Haftung? Kontrolle? Oder nur Belehrungen?

Wenn man allgemein an WLAN-Anschlüsse denkt, dürfte sich einem die Frage nach einer möglichen Haftung bei Rechtsverstößen aufdrängen. In der Presse ließ sich schließlich häufig verfolgen, dass ein Internet-Anschlussinhaber für Rechtsverstöße, wie z.B. illegales Filesharing, in Anspruch genommen worden ist, nur weil er einen Internetzugang vorgehalten hat. Tatsächlich war dies, aufgrund der sog. Störerhaftung, nach altem Recht möglich. Das Vorhalten eines Internetzuganges reichte rechtlich aus, um eine potenzielle Ursächlichkeit bzw. Verantwortlichkeit bzgl.der Verbreitung rechtswidriger Inhalte oder illegalem Filesharing, unabhängig von einer tatsächlichen eigenhändigen Veranlassung, zu begründen. Die Anschlussinhaberschaft führte automatisch zu einer Verursachungsvermutung. Diese Regelung wurde im Hinblick auf WLAN-Anschlüsse abgeschafft!!!
Seit der Abschaffung der Störerhaftung für WLAN-Anschlüsse haften Anschlussinhaber weitestgehend nicht mehr für das rechtswidrige Verhalten ihrer Nutzer/-innen, da sie in der Regel auch nicht für das Verhalten ihrer Nutzer/-innen verantwortlich sind und üblicherweise auch nicht über die entsprechende Kenntnis verfügen (sog. Haftungsprivilegierung) dürften.

Für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bedeutet der Wegfall der Störerhaftung, dass Kinder und Jugendliche prinzipiell nicht mehr bei der Nutzung »beobachtet« oder über eventuelle Risiken belehrt werden müssen. Allerdings bedeutet das auch, dass Medienkompetenz wichtiger denn je ist, damit Kinder und Jugendliche mit den unbegrenzten Inhalten und Möglichkeiten im Netz verantwortungsvoll umgehen können.
Medienpädagogische Ansätze können hier z.B. gut anhand von WLAN-Nutzungsbedingungen vermittelt und diskutiert werden. Der Vorteil besteht darin, dass die Regeln gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen ausgehandelt werden. Zudem kann der Zugang zum WLAN dann an die Akzeptanz dieser Nutzungsbedingungen gekoppelt werden. Auch empfiehlt sich die Installation von technischen Lösungen, wie z.B. Jugendschutzprogramme und Filter, wodurch die Zugriffsmöglichkeiten auf illegale oder jugendgefährdende Inhalte begrenzt werden können.

Fazit: Aufgrund der Gesetzesänderung ist zwar die Störerhaftung entfallen, die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen dagegen aber umso wichtiger geworden!

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 1-2019
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS)

Viel Wirbel, viel Aufregung und noch mehr Verunsicherung…. Seit im Mai 2018 die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft getreten ist herrscht große Verunsicherung und noch größere Sorge darüber, was künftig im Netz und den sozialen Netzwerken erlaubt ist und was nicht.
Aber was hat die Datenschutzgrundverordnung denn eigentlich mit WhatsApp & Co. zu tun? Grundsätzlich enthält die DSGVO Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung und Verbreitung personenbezogener Daten. Und es sind gerade die Messengerdienste, die in besonderem Maße persönliche Daten ihrer Nutzer verarbeiten. WhatsApp, beispielsweise, weist im Rahmen seiner aktualisierten Nutzungsbedingungen nun auch ausdrücklich darauf hin, dass personenbezogene Daten erfasst, verwendet und geteilt werden – die konkrete Art und Weise der Datennutzung wird allerdings nur mehr oder weniger verständlich dargelegt...
Unternehmen wie WhatsApp (Facebook-Gruppe) haben, sofern sich ihr Angebot auch an den europäischen Markt richtet, gem. Art. 3 Abs. 2 DSGVO die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung zu beachten. Diese stellt u.a. die Verarbeitung personenbezogener Daten unter einen sog. Erlaubnisvorbehalt, d.h. man muss konkret in die Verarbeitung seiner Daten einwilligen, ansonsten ist die Verarbeitung verboten.

Art. 8 DSGVO
Bedingungen für die Einwilligung eines Kindes in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft

(1) … so ist die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Kindes rechtmäßig, wenn das Kind das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat. 2Hat das Kind noch nicht das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so ist diese Verarbeitung nur rechtmäßig, sofern und soweit diese Einwilligung durch den Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind oder mit dessen Zustimmung erteilt wird.
(…).

Und hier kommt nun auch das Alter ins Spiel: Art. 8 der DSGVO sieht nämlich vor, dass die Einwilligung eines Kindes in Bezug auf Dienste der Informationsgesellschaft – wie z.B. WhatsApp –, nur dann wirksam ist, wenn dieses das 16. Lebensjahr vollendet hat. Hat das Kind das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet, müssen dessen Erziehungsbevollmächtigte in die Datenverarbeitung einwilligen. Darauf hat WhatsApp auch, pünktlich zum Start der DSGVO, mit neuen Nutzungsbedingungen reagiert: das Nutzungsalter für WhatsApp liegt jetzt bei 16 Jahren. Nutzer die das erforderliche Mindestalter noch nicht erreicht haben, dürfen die Dienste nur dann in Anspruch nehmen, wenn die entsprechenden Erziehungsbevollmächtigen den Nutzungsbedingungen zugestimmt haben. Soweit so gut, allerdings sind bislang keine Alterskontrollen durch WhatsApp geplant! Dem Kind stellt sich daher letztlich nur die Frage: »Möchte ich 16 Jahre alt sein?«

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 4-2018
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »WhatsApp & Co. erst ab 16 Jahren?«.

eSports-Veranstaltungen werden auch in Deutschland zunehmend populärer. Immer mehr Profi-Teams und Einzelspieler kämpfen in Turnieren um immer höher dotierte Preisgelder. Die Fangemeinde wächst und somit steigen auch die Besucherzahlen bei eSports-Events stetig. Insbesondere unter Kindern und Jugendlichen steht eSports hoch im Kurs. Ein Grund mehr, sich einmal rechtlich mit der Thematik auseinander zu setzen.

Der Begriff »eSports« bezeichnet das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- oder Videospielen im Einzel- oder Mehrspielermodus.
Besonders beliebt sind Spiele wie FIFA, League of Legends oder Counter Strike.

Sicherlich unproblematisch lässt sich festhalten, dass Veranstalter öffentlicher eSport-Events zunächst die Einhaltung der allgemeinen Jugendschutzvorschriften, gewährleisten müssen, wie z.B. zum Rauchen in der Öffentlichkeit oder zum Erwerb und Konsum von Alkohol. Weitaus schwieriger wird es jedoch bei der Frage, inwieweit die Alterskennzeichnungen der USK im Rahmen von öffentlichen eSports-Veranstaltungen Wirksamkeit entfalten, da eine unmittelbare Anwendung der entsprechenden Zugangsbeschränkungen nach dem JuSchG in diesem Fall nicht in Betracht kommt.

Denkbar wäre hier, auf öffentliche eSports-Veranstaltungen, § 7 JuSchG (»jugendgefährdende Veranstaltungen«) zur Anwendung zu bringen. Die nach § 7 JuSchG zuständige Behörde könnte dann, aufgrund einer zu prüfenden spezifischen Gefährdungslage, ein (altersabhängiges) Zugangsverbot für Kinder und Jugendliche gegen den Veranstalter im Wege einer Einzelverfügung erlassen. Anhaltspunkt für eine solche Gefährdung könnte die USK-Freigabe der Spiele sein, die auf dem Event gespielt werden sollen.
Unproblematisch sind eSports-Veranstaltungen auf denen Titel gespielt werden, die keiner USK-Altersbeschränkung unterliegen, an solchen können Kinder und Jugendliche unproblematisch teilnehmen. Anders sieht es allerdings aus, wenn Titel gespielt werden sollen, die gerade nur für bestimmte Altersgruppen freigegeben sind. Diesbezüglich werden verschiedene Standpunkte vertreten. Einigkeit besteht lediglich dahingehend, dass zumindest die Spieler die jeweiligen USK-Altersgrenzen erreicht haben müssen. Inwieweit diese jedoch auf die Zuschauer zu übertragen sind, wird kontrovers diskutiert.

Ein Überblick über den aktuellen Meinungsstand findet sich unter: www.ajs.nrw.de/ajs-merkblatt-esports-jugendschutz/.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 2-2018
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Besuch von eSports-Events schon für Kinder und Jugendliche?«.

Der Shisha-Trend bei Jugendlichen ist ungebrochen. Über 27 Prozent der Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren hat schon einmal das Shisha-Rauchen ausprobiert. Entsprechend beliebt ist unter Jugendlichen der Besuch von Shisha Bars. Dort werden neben E-Shishas und E-Zigaretten auch klassische Wasserpfeifen angeboten. Im Gegensatz zu E-Shishas und E-Zigaretten, bei denen Flüssigkeit durch ein elektronisch betriebenes Heizelement verdampft, wird die klassische Wasserpfeife mit spezieller Wasserpfeifenkohle betrieben.

Wichtig zu wissen ist hierbei, dass die Abgabe kohlebetriebener Wasserpfeifen mit Kräutern oder aromatisierten nikotinfreien Shiazo-Dampfsteinen an und das Gestatten des Konsums selbiger durch Kinder und Jugendliche gesetzlich nicht verboten sind. § 10 JuSchG begründet »lediglich« ein Abgabeverbot für nikotinhaltige Tabakwaren und elektronisch betriebene Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und zwar unabhängig davon, ob nikotinfreie oder nikotinhaltige Liquids konsumiert werden (§ 10 Abs. 3 und Absatz 4 Jugendschutzgesetz).

Insofern besteht eine Regelungslücke, die vom Gesetzgeber bei der Verabschiedung des neuen § 10 JuSchG gesehen und in Kauf genommen wurde, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle für ein Verbot der konventionellen Shishas erforderlichen Informationen vorlagen.

Dennoch ist der Konsum, auch von nikotinfrei betriebenen, klassischen Wasserpfeifen nicht frei von (gesundheitlichen) Risiken. In letzter Zeit häuften sich z.B. Meldungen über Kohlenmonoxid-Vergiftungen bei Besuchern von Shisha Bars. Zuletzt ist es in einer Krefelder Shisha Bar zu einem Rettungseinsatz gekommen, weil mehrere Jugendliche Anzeichen einer Kohlenmonoxid-Vergiftung aufwiesen.

Aber wie kommt es zu einer Kohlenmonoxid- Vergiftung?
Bei der Verbrennung der Wasserpfeifenkohle entsteht Kohlenmonoxid. Es handelt sich hierbei um ein geruchs- und geschmacksneutrales giftiges Gas. In geschlossenen Räumen, ohne ausreichende Belüftung, führt insbesondere schnelles »Rauchen« ohne Absetzen der Pfeife dazu, dass der Körper nicht mehr genug Sauerstoff erhält. Die Folgen sind häufig Benommenheit, Übelkeit und Bewusstlosigkeit. Ab einer gewissen Co-Konzentration kann eine solche Vergiftung sogar tödlich verlaufen. Wichtig: es kommt hier nicht darauf an, ob Tabak geraucht wird, allein das beim Verbrennen entstehende Kohlenmonoxid ist ursächlich für die Vergiftung. Daher sollten erste Anzeichen wie Benommenheit und Übelkeit durchaus ernstgenommen werden.

FAZIT: Es lässt sich festhalten, dass der Besuch von Shisha Bars für Kinder und Jugendliche gleich mehrere Risiken mit sich bringen kann. Zum einen können Kinder und Jugendliche dem Tabakrauch anderer Gäste ausgesetzt sein und zum anderen besteht die Gefahr einer Kohlenmonoxid Vergiftung, wenn keine ausreichende Belüftung gewährleistet wird. Die bestehende Regelungslücke verbietet hier jedoch den Rückgriff auf § 10 JuSchG.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 1-2018
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Wie gefährlich ist die Shisha Bar?«.

Derzeit reißen die Berichte über die sogenannte Blue Whale Challenge nicht ab. Aktuell ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um einen Mythos handelt, der durch seine virale Verbreitung zum Selbstläufer geworden ist. Den Trittbrettfahrer sich zunutze gemacht, aufgegriffen und mit Leben gefüllt haben.

Bei der Blue Whale Challenge soll es sich um ein zunächst harmlos beginnendes »Spiel« handeln, bei dem Kinder und Jugendliche an 50 Tagen durch einen Spielleiter 50 Aufgaben gestellt bekommen und am Ende zum Selbstmord aufgefordert werden. Mittlerweile sind auch in Deutschland diverse Meldungen bekannt geworden, nach denen sich Heranwachsende selbst verletzt haben sollen und dies mit der Blue Whale Challenge in Verbindung gebracht wird. Bislang ist allerdings noch kein Fall belegt, in dem ein Kind oder Jugendlicher das Spiel tatsächlich »durchgespielt« hat.

Wer nach einer App oder einem Link zu der Challenge sucht, wird im Netz nicht fündig. Dagegen sind Screenshots von Nachrichten und Chatverläufen, die den Spielverlauf dokumentieren bzw. die Anweisungen des Spielleiters in Form eines Kettenbriefes beinhalten durchaus im Umlauf. Es existiert zudem eine WhatsApp-Sprachnachricht, in welcher vor dem Spiel gewarnt und die auch entsprechend geteilt wird. Es scheint jedoch so, als sollte gerade diese Warnung erst das Interesse an der vermeintlichen Blue Whale Challenge wecken.

Was ist nun aber wirklich dran an der Blue Whale Challenge? Ebenso verbreitet wie die Berichte über die Existenz des Spieles sind die Berichte, es handele sich dabei um eine Art »Hoax« (Falschmeldung). Tatsächlich lässt sich diese Frage nicht einfach beantworten. Der Mythos scheint sich durch immer neue, detailreichere Berichte zu nähren: Je stärker über den Blue Whale in der Öffentlichkeit berichtet wird, desto mehr häufen sich Meldungen über Kinder und Jugendliche, die in Kontakt mit der Challenge gekommen sein sollen. Kommunikationsgruppen und Hashtags entwickelten sich quasi über Nacht. Es ist daher durchaus möglich, dass Kinder und Jugendliche Nachrichten mit einem Blue Whale Logo erhalten haben und zu selbstgefährdendem Verhalten angeleitet werden sollten.

Fest steht, das Phänomen »Blue Whale Challenge« ist mittlerweile zu einem realen Problem geworden und zwar unabhängig davon, wie es letztlich entstanden ist. Die unzähligen und gleichermaßen unterschiedlichen Berichte über die Challenge verursachen Ängste unter Kindern und Jugendlichen. Unter besorgten Eltern und Lehrer/-innen herrscht daher große Unsicherheit, wie mit dem Phänomen Blue Whale umgegangen werden soll.

Die Legendenbildung sollte auf keinen Fall weiter befeuert und es sollte auf jede Form von Panikmache verzichtet werden. Stattdessen geht es um Aufklärung: »Die« Blue Whale Challenge gibt es nicht, es handelt sich hier allem Anschein nach um einen Mythos, der durch seine schnelle Verbreitung im Internet zum Selbstläufer geworden ist. Keinesfalls soll hier eine potentielle Gefahr verneint werden, dennoch: Es handelt sich bei dem Phänomen Blue Whale nicht um die erste und sicherlich auch nicht um die letzte Gefahr, die das Internet für Kinder und Jugendliche bereithält. Es gibt immer Menschen, die gerade jungen noch unbedarften Social Media-Nutzern Angst und Schrecken einjagen wollen, Stichwort: Kettenbriefe über WhatsApp & Co. …

Von daher gilt auch im Hinblick auf Blue Whale wie im übrigen Umgang mit Medien: Kinder und Jugendliche müssen gestärkt werden, sich sicher im Internet zu bewegen und kritisch zu hinterfragen, was ihnen merkwürdig vorkommt oder sie ängstigt. Es ist an den Eltern, ihren Kindern einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Sozialen Medien zu vermitteln, sie über mögliche Gefahren aufzuklären, ihre Ängste und Sorgen ernst zu nehmen und im Gespräch mit ihnen zu sein.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 4-2017
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Blue Whale – Mythos oder Realität?«.

BGH entscheidet eine weitere Haftungsfrage zum Thema »Filesharing über den Familienanschluss« (Urt. V. 30.03.2017 – I ZR 19/16)

SACHVERHALT: Über den Internetanschluss einer fünfköpfigen Münchner Familie war im Januar 2011 ein Musikalbum im Wege des »Filesharings« öffentlich zugänglich gemacht worden. Die beklagten Anschlussinhaber bestritten die Rechtsverletzung begangen zu haben. Sie verwiesen auf ihre drei volljährigen, in ihrem Haushalt lebenden Kinder. Diese verfügten über eigene Rechner und eigene passwortgeschützte WLAN-Router, weshalb ihnen der Zugang zum Internetanschluss jederzeit unbeschränkt möglich gewesen sei. Weiter erklärten die Beklagten, positive Kenntnis darüber zu haben, welches ihrer drei Kinder das Musikvideo eingestellt hat. Sie weigerten sich jedoch den Namen des entsprechenden Kindes zu nennen.
Der BGH musste daraufhin entscheiden, ob die Eltern verpflichtet sind den Namen des Kindes zu benennen um selber für den entstandenen Schaden nicht aufkommen zu müssen. Hier galt es das Recht der Klägerin auf geistiges Eigentum gegen das Grundrecht der Beklagten auf Schutz der Familie abzuwägen und in ein angemessenes Gleichgewicht zu bringen.

Grundsätzlich gilt die Vermutung, dass der Anschlussinhaber die Rechtsverletzung selbst begangen hat. Dieser Vermutung kann er sich entziehen wenn er darlegen kann, dass der Internetanschluss zum entsprechenden Zeitpunkt auch noch von weiteren Personen genutzt werden konnte. In derartigen Fällen ist der Anschlussinhaber lediglich im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und zur Mitteilung verpflichtet, welche Erkenntnisse er in Bezug auf die begangene Rechtsverletzung gewonnen hat (sog. sekundäre Beweislast). Es besteht jedoch keine Verpflichtung von Eltern, die Computer ihrer Kinder auf verdächtige Software zu durchsuchen! Insoweit bleibt der Schutz der Familie gewahrt.

Im vorliegenden Fall haben die Eltern, als Anschlussinhaber, angegeben sie wüssten welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hat; sie verweigerten jedoch die Namensnennung des entsprechenden Kindes.
In derartigen Fällen, so der BGH, sei es Eltern jedoch zuzumuten, den Namen zu nennen um einer eigenen Haftung zu entgehen. Tun sie das nicht, haben sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt und müssen persönlich für die Rechtsverletzung ihres Kindes haften.

FAZIT: Solange Eltern keine Kenntnisse über die Aktivitäten ihrer volljährigen Kinder im Internet haben, haften sie für deren dortige Rechtsverletzungen nicht und sind auch nicht verpflichtet sie auszuspionieren. Haben Eltern jedoch dagegen positive Kenntnis, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hat, können sie einer eigenen Haftung nur dann entgehen, wenn sie den Namen des Kindes nennen.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 3-2017
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Muss ich mein Kind verpetzen?«.

Bei Jugendämtern und anderen für den Jugendschutz zuständigen Fachstellen häufen sich in letzter Zeit die Anfragen, wann und wie Kinder und Jugendliche modeln oder bei Fernsehproduktionen mitwirken dürfen. Rechtlich ist hier Folgendes zu berücksichtigen: Zunächst gilt der Grundsatz, dass die Beschäftigung von Kindern (bis 15 Jahre) und Jugendlichen (15 bis 18 Jahre) die der Vollzeitschulpflicht unterliegen verboten ist, vgl. § 5 JArbSchG, wobei die Vollzeitschulpflicht je nach Bundesland eine Dauer von neun bzw. zehn absolvierten Schuljahren umfasst.

Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG) § 2 Kind, Jugendlicher
(1) Kind im Sinne dieses Gesetzes ist, wer noch nicht 15 Jahre alt ist.
(2) Jugendlicher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer 15, aber noch nicht 18 Jahre alt ist.
(3) Auf Jugendliche, die der Vollzeitschulpflicht unterliegen, fi nden die für Kinder geltenden Vorschriften Anwendung. § 5 Verbot der Beschäftigung von Kindern
(1) Die Beschäftigung von Kindern (§ 2Abs. 1) ist verboten.

Diesem Grundsatz stehen verschiedene Ausnahmeregelungen gegenüber, insbesondere im Hinblick auf die Teilnahme an Werbeveranstaltungen, worunter regelmäßig auch Modeltätigkeiten zählen, Aufnahmen im Hörfunk und Fernsehen, Theateraufführungen, usw. (vgl. § 6 JArbSchG). Die zuständige Aufsichtsbehörde kann hier unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahmebewilligung vom Beschäftigungsverbot erteilen. Eine solche ist bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu beantragen. Die Aufsichtsbehörde hat über die Erteilung der Ausnahmebewilligung nach freiem Ermessen zu entscheiden. Vor einer Entscheidung hat die Aufsichtsbehörde jedoch zwingend das zuständige Jugendamt anzuhören und das Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu überprüfen. § 6 JArbSchG sieht diesbezüglich vor, dass eine Ausnahmegenehmigung nur dann erteilt werden kann, wenn 1. die Personensorgeberechtigten in die Beschäftigung schriftlich eingewilligt haben, 2. eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt wird, die nicht älter als drei Monate ist und nach der keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Beschäftigung bestehen, 3. sämtliche erforderlichen Vorkehrungen zum Schutze des Kindes gegen Gefahren für Leben und Gesundheit sowie zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der körperlichen oder seelisch-geistigen Entwicklung getroffen worden sind, 4. die Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes bei der Beschäftigung sichergestellt ist, 5. nach der Beendigung der Beschäftigung eine ununterbrochene Freizeit von mindestens 14 Stunden eingehalten und 6. Das Fortkommen in der Schule nicht beeinträchtigt wird. Sämtliche genannte Voraussetzungen müssen erfüllt sein, denn nur dann kann die Aufsichtsbehörde eine Ausnahmebewilligung erteilen.
Beachte: Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer solchen Bewilligung! Selbst wenn sämtliche Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Aufsichtsbehörde die Erteilung einer Ausnahmebewilligung ablehnen, wenn sie im Rahmen ihrer Einzelfallabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass die konkrete Beschäftigung, unter Berücksichtigung der individuelle Situation, des Alters und der Entwicklung des Kindes, nicht mit dessen Wohl in Einklang zu bringen ist. Ob ein Kind modeln darf oder nicht, hängt demnach immer von der seitens der Aufsichtsbehörde vorzunehmenden Einzelfallentscheidung ab.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 2-2017
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Darf mein Kind modeln?«.

Die Produktvielfalt, insbesondere auch im technischen Bereich, wächst stetig und die Wünsche der Kinder werden immer kostspieliger.
Der Kaufpreis für ein Smartphone z.B., kann durchaus um die 500,00 EUR und aufwärts liegen. Es stellt sich daher häufig die Frage, was dürfen Kinder von ihrem Taschengeld eigenständig kaufen? Wann müssen Eltern dem Geschäft zustimmen? Und, gibt es einen gesetzlich festgeschriebenen »Höchstbetrag«?
Um sich dieser Thematik einmal rechtlich anzunähern gilt es zunächst die Frage zu beleuchten, ab wann man in Deutschland überhaupt »Geschäfte« tätigen darf? Laut Gesetz ist geschäftsunfähig, wer das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Das heißt, Kinder bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres dürfen streng genommen noch gar keine Geschäfte tätigen. Erst mit Vollendung des 7. Lebensjahres tritt eine Änderung ein, Kinder sind dann beschränkt geschäftsfähig. Bedeutet, Kinder dürfen dann zwar selbständig Einkaufen gehen, brauchen aber die Zustimmung der Eltern.
Kaufen Kinder jedoch Dinge, wie z.B. Bücher, Bekleidung, Süßigkeiten von ihrem Taschengeld, welches ihnen von den Eltern zur freien Verfügung oder speziell für diese Käufe überlassen wurde, ist die Einwilligung der Eltern nicht erforderlich. Diesen »Freiraum« verdanken Kinder dem sog. Taschengeldparagraphen (§ 110 BGB). Dieser regelt im Einzelnen, wann Geschäfte Minderjähriger ohne Einwilligung der Eltern wirksam sind.
Dies ist dann der Fall, wenn die Leistung, z.B. die Zahlung eines Kaufpreises, mit dem Taschengeld bewirkt wird. Vorausgesetzt, dass Taschengeld wurde ihnen zur freien Verfügung oder speziell für den getätigten Einkauf überlassen. Dies bedeutet aber auch, dass Eltern durchaus den Kauf bestimmter Waren verbieten und letztlich auch rückgängig machen können.
Einen konkreten Höchstbetrag sieht der Taschengeldparagraph dagegen nicht vor. Demzufolge dürfen Kinder nicht nur Kleinigkeiten erwerben, sondern durchaus auch teurere Dingen, sofern sie das notwendige Geld dafür angespart haben. In Ermangelung klarer Regelungen verbleibt hier häufig eine gewisse Unsicherheit, welche neben Kindern und Eltern durchaus auch Verkäufer trifft. Diese sind gut beraten, wenn sie sich bei jüngeren Kindern und höheren Kaufsummen die Einwilligung der Eltern einholen und deren Zustimmung nicht einfach unterstellen.

 

Jugendschutzgesetz (JuSchG)
§ 110 Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln

Ein von dem Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 1-2017
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Handykauf & Co. Was dürfen Kinder eigentlich wirklich von ihrem Taschengeld kaufen?«.

Seit dem 1. April 2016 gilt für Kinder und Jugendliche ein Verbot von E-Zigaretten und E-Shishas. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber das bereits bestehende Verbot »herkömmliche« Tabakwarenerzeugnisse an Kinder und Jugendliche abzugeben bzw. den Konsum zu gestatten, deutlich erweitert. Das Konsum- und Abgabeverbot erstreckt sich nun auch auf E-Zigaretten und E-Shishas und zwar selbst dann, wenn diese kein Nikotin enthalten. Begründet wird dies u.a. mit einer Gesundheitsgefährdung, welche in dem Verdampfen, insbesondere der in den Liquids enthaltenen Aromastoffe, gesehen wird.

Wer ist von der Neuregelung betroffen?

Das Abgabeverbot des § 10 JuSchG betrifft sämtliche Gewerbetreibende, Aufsteller von Automaten und den gesamten Handel, einschließlich des Versandhandels (!). Hier hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 10 Abs. 3 JuSchG klargestellt, dass die Abgabe auch im Wege des Versandhandels ausschließlich an Erwachsene erfolgen darf.
Bei Missachtung des Abgabeverbots droht sogar ein Bußgeld.
Gleiches gilt für Veranstalter, Gewerbetreibende und deren Beauftragte für den Fall, dass sie Kindern und Jugendlichen den Konsum gestatten.
Beachte: § 10 JuSchG gilt nicht für den Konsum herkömmlicher Wasserpfeifen, solange sie mit nikotinfreien Erzeugnissen wie z.B. aromatisierten Shiazo-Steinen oder aromatisierten Kräutermischungen betrieben werden!

Jugendschutzgesetz (JuSchG)
§ 10 Rauchen in der Öffentlichkeit, Tabakwaren

(1) In Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse an Kinder oder Jugendliche weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen oder der Konsum nikotinhaltiger Produkte gestattet werden.
(2) In der Öffentlichkeit dürfen Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht in Automaten angeboten werden. Dies gilt nicht, wenn ein Automat
1. an einem Kindern und Jugendlichen unzugänglichen Ort aufgestellt ist oder
2. durch technische Vorrichtungen oder durch ständige Aufsicht sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse nicht entnehmen können.
(3) Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse dürfen Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, sowie für deren Behältnisse.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 4-2016
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »E-Zigarette und E-Shisha – Was beinhaltet die neue Regelung in § 10 JuSchG?«.

Das Jugendschutzgesetz regelt den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit. Es erstreckt sich jedoch nicht auf den Privatbereich. Es stellt sich daher die Frage, wann liegt Öffentlichkeit im Sinne des Jugendschutzgesetzes vor?
Der Begriff der Öffentlichkeit wird im Jugendschutzgesetz selbst nicht definiert, ist jedoch in den verschiedenen Normen entscheidendes Kriterium für die Frage, ob ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz vorliegt oder nicht. Man denke hier an das Konsumverbot von Alkohol und Nikotin in der Öffentlichkeit (§§ 9, 10 JuSchG) oder die zeitlichen Vorgaben für den Aufenthalt Minderjähriger in Gaststätten und auf Tanzveranstaltungen (§§ 4, 5 JuSchG).
 

Wann spricht man also von Öffentlichkeit?

Öffentlichkeit bezeichnet zunächst alle allgemein zugänglichen Verkehrsflächen, wie Straßen, Wege, Plätze, Anlagen usw.
Darüber hinaus kennt das Jugendschutzgesetz noch den Begriff der öffentlichen Veranstaltungen. Hier ist grundsätzlich eine klare Abgrenzung zu privaten Veranstaltungen vorzunehmen, da die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes nur in der Öffentlichkeit zu beachten sind. Entscheidende Merkmale, ob eine Veranstaltung öffentlich oder privat ist, sind die Zutrittsberechtigung und die persönliche Verbindung der Teilnehmer/innen, sowohl untereinander als auch in Bezug auf den Veranstalter. Eine Veranstaltung erlangt demnach einen öffentlichen Charakter, wenn sie für jedermann zugänglich ist, der sich den Eintrittsbedingungen, wie z.B. der Zahlung eines Eintrittsgeldes, unterwirft und kein persönliches Element die Teilnehmer/innen miteinander verbindet. Eine Veranstaltung mit ausschließlich geladenen Gästen ist privater Natur – aber (!) kommt nur ein ungeladener Gast dazu, bzw. besteht die Möglichkeit weitere Gäste mitzubringen, gilt die Veranstaltung bereits wieder als öffentlich.
Abschließend lässt sich daher festhalten: Öffentlichkeit ist im Regelfall dann zu bejahen, wenn sich der Besucherkreis im Vorfeld nicht näher benennen lässt und eine persönliche Verbindung unter den Teilnehmenden oder gegenüber dem Veranstalter nicht besteht.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 3-2016
Anja Puneßen, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. (AJS) beantwortet die Frage »Was bedeutet ›Öffentlichkeit‹ im Jugendschutzgesetz?«.

Wie lange darf mein Kind in die Disco gehen?

Kinder und Jugendliche unter 16 dürfen sich gem. § 5 JuSchG nicht ohne Begleitung in Discos oder bei anderen öffentlichen Tanzveranstaltungen aufhalten. Auch Jugendliche ab 16 dürfen ohne Begleitung nur bis 24 Uhr bleiben! Ausnahme: Die Veranstaltung wird von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt oder dient der künstlerischen Betätigung oder Brauchtumspflege: Kinder dürfen dann bis 22 Uhr bleiben, Jugendliche unter 16 bis 24 Uhr. Diese Begrenzungen greifen dann, wenn das Tanzen auf der Veranstaltung im Vordergrund steht und grundsätzlich jedermann Zugang hat. Dabei ist egal, ob drinnen oder draußen getanzt wird. Veranstaltungen nur für geladene Gäste (private Partys) sind dagegen keine öffentlichen Tanzveranstaltungen.

§ 5 Tanzveranstaltungen (JuSchG)
(1) Die Anwesenheit bei öffentlichen Tanzveranstaltungen ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person darf Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nicht und Jugendlichen ab 16 Jahren längstens bis 24 Uhr gestattet werden.
(2) Abweichend von Absatz 1 darf die Anwesenheit Kindern bis 22 Uhr und Jugendlichen unter 16 Jahren bis 24 Uhr gestattet werden, wenn die Tanzveranstaltung von einem anerkannten Träger der Jugendhilfe durchgeführt wird oder der künstlerischen Betätigung oder der Brauchtumspflege dient.
(3) Die zuständige Behörde kann Ausnahmen genehmigen.

Was ist eine Erziehungsbeauftragte Person?

Die genannten Zeitgrenzen greifen auch dann nicht, wenn eine Begleitung durch eine personensorgeberechtigte o. erziehungsbeauftragte Person vorliegt. Personensorgeberechtigte sind in der Regel die Eltern. Eine erziehungsbeauftragte Person kann gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 JuSchG dagegen jeder über 18 sein, der aufgrund einer nachweisbar mündlichen oder schriftlichen Vereinbarung mit den Sorgeberechtigten (Eltern) für eine bestimmte Zeit die Verantwortung für den Jugendlichen übertragen bekommt – z. B. mit dem sog. »Mutti-Zettel«. Er übernimmt damit für den Zeitraum die Beaufsichtigungspflicht, muss örtlich anwesend sein und sollte jederzeit Einfluss auf das Verhalten des Jugendlichen nehmen bzw. Gefahren abwehren können. Die Person muss objektiv in der Lage sein, der Pflicht angemessen nachzukommen (keine starke Alkoholisierung). Erziehungsbeauftragte können z. B. Geschwister, Verwandte, Freunde o. Nachbarn sein.

§ 1 Absatz 1 Nr. 4 Jugendschutzgesetz
Im Sinne dieses Gesetzes ist erziehungsbeauftragte Person, jede Person über 18 Jahren, soweit sie auf Dauer oder zeitweise aufgrund einer Vereinbarung mit der sorgeberechtigten Person Erziehungsaufgaben wahrnimmt oder soweit sie ein Kind oder jugendliche Person im Rahmen der Ausbildung oder der Jugendhilfe betreut.

Dürfen sich Kinder und Jugendliche auf einem Konzert aufhalten?

Konzerte sind in der Regel keine Tanzveranstaltungen, daher gelten hier die Altersgrenzen für Discobesuche nicht. Droht von einem Konzert jedoch eine Gefährdung für das körperliche oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen, können Alters-, Zeitgrenzen oder Auflagen wie Schallpegelbegrenzung, Einrichtung eines Abholraums oder Busabholdienst bestimmt werden. Die Jugendschutzregelungen zum Alkohol- und Rauchkonsum müssen gewiss eingehalten werden. Auch die Zustimmung der Eltern zum Konzertbesuch ist obligatorisch.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 2-2016
Im zweiten Teil beantwortet Britta Schülke, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. die Frage »Wie lange darf mein Kind abends ausgehen?« weitergehend mit Blick auf den Disco- und Konzertbesuch von Kindern und Jugendlichen.

Wie lange Kinder und Jugendliche abends alleine draußen bleiben dürfen, entscheiden grundsätzlich die Eltern. Gesetzlich allgemein gültige Alters- und Zeitgrenzen in Bezug auf das Ausgehverhalten gibt es nicht. Das Jugendschutzgesetz setzt Zeitgrenzen gekoppelt an das Kindesalter »nur« in bestimmten Fällen, bspw. für den Gaststätten-, Disco- oder Spielhallenbesuch. Zu diesen Örtlichkeiten haben Kinder und Jugendliche aufgrund besonderer Gefahrenlagen wie z. B. durch Alkohol-, Tabakkonsum oder Glücksspiel keinen uneingeschränkten Zutritt.

Ab welchem Alter darf man sich in einer Gaststätte aufhalten?

In § 4 Jugendschutzgesetz ist geregelt, ab welchem Alter, zu welchen Zeiten Kinder und Jugendliche Gaststätten besuchen dürfen. Unbeschränkt dürfen Kinder und Jugendliche Gaststätten betreten, um jemanden abzuholen oder etwas zu fragen, länger sollten sie dort aber nicht verweilen. Lokale, in denen kein Alkohol ausgeschenkt wird, fallen nicht unter § 4 JuSchG, so dass die Beschränkungen bspw. nicht für Bäckereien und für die bei Jugendlichen beliebten Kaffee- oder Fast-Food-Ketten gelten. Ein entsprechendes Aufenthaltsverbot wäre nicht nur bürokratisch, sondern auch lebensfremd. Unter Gaststätten versteht man daher alle öffentlichen Verkaufsstellen, in denen gewerbsmäßig alkoholische Getränke ausgeschenkt werden und zu denen jedermann Zutritt hat – also alle öffentlich zugänglichen Schank- und Speisewirtschaften wie Restaurants, Kneipen, Discos, Hotels, Vereinsgaststätten, Bierzelte und Getränkestände auf Jahrmärkten.

§ 4 Gaststätten
(1) Der Aufenthalt in Gaststätten darf Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren nur gestattet werden, wenn eine personensorgeberechtigte oder erziehungsbeauftragte Person sie begleitet oder wenn sie in der Zeit zwischen 5 Uhr und 23 Uhr eine Mahlzeit oder ein Getränk einnehmen. Jugendlichen ab 16 Jahren darf der Aufenthalt in Gaststätten ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person in der Zeit von 24 Uhr und 5 Uhr morgens nicht gestattet werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn Kinder oder Jugendliche an einer Veranstaltung eines anerkannten Trägers der Jugendhilfe teilnehmen oder sich auf Reisen befinden.
(3) Der Aufenthalt in Gaststätten, die als Nachtbar oder Nachtclub geführt werden, und in vergleichbaren Vergnügungsbetrieben darf Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden.
(4) Die zuständige Behörde kann Ausnahmen von Absatz 1 genehmigen.

Aus: KJug – Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 1-2016
Britta Schülke, Juristin bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Landesstelle Nordrhein-Westfalen e.V. beantwortet eine Frage aus dem Bereich des Jugendschutzgesetzes, die immer wieder gestellt wird:

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